Na, hat jemand mitgezählt? Ein Teil des Kanada Urlaubsberichts steht ja noch aus und zwar unsere letzte Woche in der kanadischen Provinz Alberta. Weil Kanada einfach so unfassbar groß ist, sind wir mal eben von der Sunshine Coast, British Columbia aus 12 Stunden Richtung Osten getuckert, um da endlich im sagenumwobenen Nationalpark Banff nach den wilden Tieren Ausschau zu halten. Und, Spoiler: wir haben sie gesehen! Aber nochmal ganz von vorn:
Wie der aufmerksame Leser vielleicht schon weiß, ist Kanada ja das zweitgrößte Land der Erde. Man könnte also gut und gerne tagelang durch diese unendlichen Weiten fahren und wäre trotzdem noch nicht auf der anderen Seite. Also haben wir uns bescheidenerweise auf die Nachbarprovinz geeinigt, was noch als Maximaldistanz einigermaßen entspannt von uns zurückgelegt werden konnte. Mit einem Zwischenstopp in Salmon Arms, das etwa auf halber Strecke liegt, haben wir es uns noch ein bisschen entspannter auf der Hinfahrt gemacht. Hat sich aber nur so naja gelohnt, denn das verschlafene Städtchen hat außer ein paar ausgebuchten Restaurants (gut, es war Muttertag) und einem überfüllten Kino, bei dem die Bürger schon eine halbe Stunde vor Öffnung ordentlich in einer langen Schlange anstehen (gut, es war immer noch Muttertag), nicht arg viel zu bieten. Wir holten uns also kurzerhand Pizza vom Lieferservice, reihten uns in die Kinoschlange ein und düsten am nächsten Tag weiter.
Schon auf dem Weg merkten wir, wie die Strecke immer bergiger und aufregender wurde - und plötzlich waren wir gefühlt mitten in den Rocky Mountains, umgeben von wahnsinnigen Bergketten und schneebedeckten Gipfeln.
In der Nähe von Banff hatten wir dann eine ziemlich schöne und bestens ausgestattete Air BnB Wohnung im Städtchen Canmore, von der aus wir wunderbar überall hinkamen. Banff selbst war in etwa 20 Min. zu erreichen, aber eher unspektakulär als Stadt an sich. Die gut 7000 Einwohner sollten an die Besucherströme gewöhnt sein und so gibt es neben einigen netten Restaurants eben viele Touri-Läden mit Elch-Tassen und Bären-T-Shirts, die wir zielstrebig passierten.
Eigentlich hatten wir gelesen, dass es bei Wanderungen ohne große Gruppe oder Guide empehlenswert wäre, ein Bärenspray für den Notfall dabei zu haben. Da mein Liebster sich tatsächlich auch wochenlang fleißig Bärendokus und fatale Treffen mit den kuscheligen Raubtieren auf Youtube reingezogen hatte, hielten wir das ursprünglich für eine gute Idee. Bis wir in einem der besagten Touriläden den Preis dafür erfuhren - 40 Dollar für eine Mini-Spraydose, die wir nur für 3-4 Tage mit uns rumtragen und dann wohl einfach wegwerfen? Ähm, nee. Wird schon auch irgendwie ohne gehen, oder?
Tatsächlich waren wir dann aber auf allen Spaziergängen ein klein wenig befangen und stets auf der Hut - man weiß ja nie. Man soll ja viele Geräusche von sich geben und möglichst keine Bären von hinten überraschen, daher haben wir uns stets so laut wie möglich verhalten, geredet, gesungen oder sogar Musik angemacht. Sicher ist sicher. Faktisch sind die paar Wanderwege, auf die wir uns dann aber "allein" getraut haben, auch von anderen Reisenden ganz gut besucht, so dass wir auf den Strecken mitten im Wald hauptsächlich Vögeln, mal einem Streifenhörnchen oder Präriehund begegnet sind. Alles andere müssten wir erfolgreich vertrieben haben.
Die größeren Tiere haben wir aber dann auch noch entdeckt. Zum Glück aber aus der Sicherheit des Autos, als wir extra langsam durch das Bow Valley fuhren. Ich hatte schon gelesen, dass dort gerne mal Wildtiere gesichtet werden können und so fuhren wir, extra wachsam, mit ca. 20 km/h mit runtergelassenem Fenster und angehaltenem Atem die 20 km Strecke den Wald entlang. Und da plötzlich! Läuft ein großer grauer Wolf mitten über die Straße vor unserem Auto über die Lichtung. Ich war so perplex, dass ich die Kamera gar nicht rechtzeitig angeschaltet und ausgelöst bekommen habe. Ich konnte nur noch ein verwackeltes Handy-Foto von seinem Rücken machen, da war er auch schon wieder verschwunden. War aber auch einfach zu aufregend!
Wir fuhren also weiter, jetzt noch aufmerksamer und noch langsamer, die Augen weit aufgerissen und kaum getraut, zu blinzeln. Wir kriechen um die nächste Kurve, als wir schon sehen, dass dort ein Auto am Rand geparkt hat und die Fahrer schon ihre Kamera gezückt haben. Ein Bär! Ein richtiger echter Bär in freier Wildbahn, ohne Zaun oder sonst was, sitzt da am Waldrand und kaut gemütlich auf einer Pflanze rum. Wahnsinn. Wir sind schon wieder ganz begeistert, ehrfürchtig und angetan. Das Foto ist nicht annähernd so beeindruckend, wie es in Realität war. Dieses verrückte Gefühl, ein so gefährliches Tier keine 50m entfernt sitzend zu sehen, ist schwer einzufangen. Aber es war etwas ganz Besonderes.
Tatsächlich sind wir genau diese Strecke, nach diesem wahnsinnigen Glück, gleich zwei Wildtiere gleich am Anfang gesehen zu haben, bestimmt noch 8 Mal abgefahren in den nächsten Tagen. Immer bis aufs Äußerste gespannt, denn man weiß ja einfach nie; die Natur ist einfach unberechenbar und der Nationalpark unheimlich groß. Die Wahrscheinlichkeit, dass also ein Tier just in dem Moment in der Nähe dieser Straße ist, ist gar nicht mal so groß. Frustrierend war es also auch manchmal; an manchen Tagen gab es kaum etwas zu sehen außer die Wapiti-Hirsche oder durchs Geäst huschende Vögel. Wir haben aber insgesamt noch zwei weitere Bären gesichtet, einen grasenden Hirsch, ein paar Gebirgsziegen, einige Eichhörnchen und richtig, richtig viel Grün.
Ein weiteres Erlebnis in Banff sind die unfassbar türkis-blauen Seen, die es dort in der Umgebung gibt. Allen voran Lake Louise, der einem fast den Atem verschlägt. So klar, so eiskalt und so wunderschön.
Auf dem Rückweg sind wir dann noch an einigen richtig schönen Parkplätzen und Haltebuchten vorbeikommen, bei denen wir am liebsten überall anhalten wollten. Von hohen, safig grünen Tannen umgeben schlängeln sich glasklare Flüsse und Bäche durch die Landschaft während die Sonne vom stahlblauen Himmel strahlt. Wahnsinn, dieses Kanada!
Die letzte Nacht verbrachten wir dann wieder in North Vancouver, bevor wir uns um nächsten Tag wieder auf den Weg zum Flughafen machten. Es war ein wirklich richtig toller Trip und ich würde Kanada jedem Naturliebhaber sofort voller Überzeugung weiterempfehlen.
War noch jemand von euch schon mal da? Die Ostküste würde mich ja auch mal reizen. :)
Alles Liebe,
eure Corinna