Modelabel gründen - wie viel Kapital ich brauchte

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Gleich mal Butter bei die Fische: das ist die wohl am häufigsten gestellte Frage, die ich zum Thema Gründen und selbstständig machen bekam: wie viel Geld hast du investiert?

Ich erzähle euch gern, wie es bei mir war, aber das heißt natürlich nicht, dass ihr als potentielle Gründer genau so viel Kapital benötigt. Es hängt einfach von super vielen Faktoren ab, von eurer Erfahrung, von der Branche, von euren Kontakten und Kooperationspartnern. Aber ich kann euch schon mal sagen: wenn ihr ein physisches Produkt auf den Markt bringen wollte (sprich keine Dienstleistung oder ein digitales Projekt), braucht ihr etwas Startkapital. Und bei den meisten Gründern wird es am Ende etwas mehr als anfangs gedacht...

Bei mir war es so, dass ich gute fünf Jahre Berufserfahrung hatte und somit auch schon etwas Geld zur Seite gelegt hatte. Nach den ersten Recherchen wurde mir auch klar, dass es wahrscheinlich schon ein paar Tausend Euro bedarf, bevor ich überhaupt loslegen kann oder irgendetwas in den Händen halte, aber ich dachte, vielleicht komme ich da mit ca. 5000€ hin... Naiv gedacht, kann ich rückblickend sagen. :D
Alles kostet Geld, angefangen von solchen Kleinigkeiten wie den ersten Visitenkarten (ggf. auch dem Design davon), dann den ersten Messebesuchen und den dazugehörigen Reisekosten, den ersten Mustermaterialien, bei denen es meistens nicht bleibt, weil man viel ausprobieren muss, sich die Designs ändern oder manche Dinge nicht umsetzbar sind mit den gewünschten Stoffen/Spitzen, Portokosten (gerade bei internationalen oder europäischen Geschäftspartnern - hatte ich völlig unterschätzt), aber auch die administrativen Notwendigkeiten, die mindestens je ein paar Hundert Euro kosten (Marke anmelden, Firma anmelden, Notargebühren, IHK-Gebühren usw). 

Bei mir waren die großen Brocken vor bzw. während der Gründung von Coco Malou also Folgendes:
- die Erstellung der ersten Schnittmuster und Gradierungen der Größen
- die Lohnkosten für das Erstellen der ersten Muster
- die Materialkosten dafür

Ohne gute Prototypen kann auch kein Markttest oder Crowdfunding stattfinden.  Selten läuft alles wie geplant, also musste ich mehrere Runden drehen mit den ersten Mustern. Am Anfang habe ich eine Lingerie Designerin mit dem Umsetzen meiner Ideen beauftragt und sie dafür bezahlt, dass sie die Schnittmuster, die ich im Kopf hatte, auf dem Computer erstellt. Die erste Produktionsstätte hat diese aber nochmal anpassen müssen (mehrmals) und Größentabellen erstellt. Und am Ende bin ich doch zu einer anderen Produktion gewechselt, die nochmal Anpassungen gemacht hat.

Ich schätze, dass ich dafür am Ende um die 10.000€ ausgegeben habe. Dazu kamen die bereits erwähnten Gründungskosten, Reisekosten, Grafikdesignkosten und Kosten für das erste Fotoshooting & Video für die Crowdfunding-Kampagne: insgesamt nochmal um die 5000€. Und das obwohl ich ganz viel tolle Unterstützung von Freunden hatte, die mir ganz kleine Preise gemacht haben - es kommt irgendwie einfach viel zusammen. 15k€ also bevor ich loslegen konnte.

https://www.coco-malou.com/collections/alle-produkte/products/spitzen-bralette-louisa-mit-herausnehmbaren-cups

Durch das Crowdfunding habe ich dann ganze 30.000€ eingesammelt, aber man darf nicht vergessen, dass hiervon wieder Gebühren für Plattform und natürlich Steuern (bei Mode 19%) abgezogen werden. Trotzdem war ich hochmotiviert, das jetzt durchzuziehen, schließlich hatte ich ja über 570 Unterstützer gefunden, die etwas von Coco Malou kaufen wollten. :)
Leider kommt man aber damit nicht wirklich weit, denn ich musste ja jetzt ein Büro mit Lager anmieten, einen Steuerberater bezahlen, einen Online-Shop erstellen und auch Personal anstellen - all das gibt's natürlich nicht umsonst. Die Produktionskosten für die erste Kollektion sowie natürlich auch das ganze Material (wovon ich vorher nur jeweils wenige Meter bestellt hatte), waren dazu die nächsten großen Kostenblöcke. Von dem Crowdfunding-Geld konnte ich die Materialien gut finanzieren, aber da ich einige Mindestmengen abnehmen musste, habe ich mich entschieden, noch einen Kredit im oberen 5-stelligen Bereich aufzunehmen, um alles andere zu finanzieren. Ich kann euch sagen, es war schon ein verrücktes Gefühl, für mehrere Tausend Euro Spitze einzukaufen!

Wie gesagt gibt es auch Gründer, die das Ganze kleiner aufgebaut haben; statt Büro und Lager vielleicht aus dem eigenen Wohnzimmer arbeiten und so Kosten sparen. Erstmal eine noch kleinere Kollektion gestalten oder vielleicht Kosten sparen, weil sie selbst die Schnitt- oder Mustererstellung übernehmen können. Es kommt auch sehr auf das Produkt an, was ihr auf den Markt bringen wollt und welche Mindestmengen ihr für die Produktion abnehmen müsst. Grundsätzlich denkt man am Anfang aber sicherlich immer, dass man es mit weniger schafft - und dann läuft doch immer wieder mal was schief. Bei der Kalkulation also am besten ein wenig "Lehrgeld" und Puffer mit einrechnen.

https://www.coco-malou.com/collections/alle-produkte/products/spitzen-slip-cherie

Jetzt habt ihr aber einen kleinen Einblick von meiner Gründung bekommen.
Ein halbes Jahr nach Launch des Online Shops im Juni 2019 habe ich zumindest langsam ein Gefühl davon bekommen, wie es weitergehen kann und welche monatlichen Kosten realistischerweise anfallen und wie viel wieder reinkommt. Es dauert natürlich noch etwas, bis ich die Anfangsausgaben wieder drin habe. Der Kredit ist zum Glück die ersten beiden Jahre tilgungsfrei und dann innerhalb von acht Jahren zurückzuzahlen. Aber ich habe ein gutes Gefühl, dass es schon gut gehen wird.


Alles Liebe,
eure Corinna


Die schönen Fotos sind von der talentierten Julia Pommerenke.

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