The true cost: warum die Modeindustrie die moderne Sklaverei ist


Vor über einem Jahr habe ich beschlossen, auf Fast Fashion zu verzichten und habe euch dabei auf einem Stück meiner Reise mitgenommen. Aber erst diese Woche habe ich es geschafft, den Film "The True Cost" von Andrew Morgan anzuschauen - und er hat mich so berührt, dass ich gleich darüber schreiben möchte. Schon oft habe ich darüber gelesen und mir gedacht, den muss ich irgendwann mal angucken. Jetzt würde ich mir wünschen, ich hätte das schon vor zehn Jahren getan. Und frage mich, wieso eine so fantastische Dokumentation nicht verpflichtend in allen Schulen ist. Ich habe so sehr das Bedürfnis, die Erkenntnisse, die so offensichtlich und doch so erschreckend sind, mit der ganzen Welt zu teilen und würde mir wünschen, dass jeder Modeliebhaber ihn sich einmal anschaut.

Ich finde die Reportage ist sehr gut gemacht, nicht zu reißerisch oder mit dem Fingerzeig auf Einzelne, aber sachlich und doch sehr bewegend. Er beleuchtet die Entwicklung der Modeindustrie in den letzten paar Jahrzehnten, begleitet einige Menschen und Schicksale und erklärt die wahnwitzige Spirale des Fast Fashion Konsums von heute. In Amerika z.B. ging die Produktion von lokal hergestellter Kleidung innerhalb von etwa 50 Jahren von 95% auf 3% zurück! Verrückt, oder?


Man schaut hinter die Kulissen von Baumwollfarmen in Indien und Texas, sieht wie genmanipulierte Baumwollsamen von Monsanto zum Verhängnis für Bauern und Umwelt werden, verfolgt die tagtägliche Arbeit von Klein- und Großunternehmen, die Teil dieser wahnsinnig großen Industrie sind. Wusstest du, dass ca. jeder 6. Mensch auf der Welt in irgendeiner Art und Weise in der Modebranche tätig ist? Dabei denken die Wenigsten an die Baumwollbauern, die Unmengen von Chemikalien und Pestiziden auf ihre Felder spritzen und die toxischen Dämpfe ohne jegliche Schutzausrüstung einatmen. Um nur 1 Pfund konventionelle Baumwolle herzustellen, wird 1/3 Pfund (!) für Pestizide und Düngemittel verbraucht. Die Geburtsschäden, Behinderungen und Krankheiten, die diese bei den Familien und vor allem auch Neugeborenen anrichten, die in ohnehin schon benachteiligte und arme Familien hineingeboren werden, werden dabei meist nicht bedacht. Ganz abgesehen von den unfassbaren Umweltkatastrophen, die all diese chemischen Düngemittel und Pestizide anrichten.

Die Arbeitsbedingungen in Ländern wie Kambodscha, Indien oder Bangladesh kennt ja jeder schon, der sich auch nur kurz mit dem Thema beschäftigt hat. Aber die Hilflosigkeit und Aussichtslosigkeit, die diesen Näherinnen, Gerber oder sonstigen Textilarbeiter tagtäglich begegnen, sind einfach untragbar. Sie haben einfach keine Chance zu protestieren, faire Löhne zu erhalten, ihren Kindern eine Bildung oder ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Wenn die Fast Fashion Brands den maximalen (oder in dem Fall eher minimalen) Preis, zu dem sie produzieren müssen, vorgeben, haben sie keine Wahl. Denn in der Regel bedeutet Widerspruch, dass die Marken einfach eine andere, noch billigere Fabrik wählen. Auflehnen beim Arbeitgeber wurde schon mehrmals mit Gewalt beendet, Frauen geschlagen, bestraft und natürlich einfach fristlos gekündigt. Es ist die moderne Sklaverei des 21. Jahrhunderts, ohne dass man viel davon mitbekommt. Und wofür das alles? Damit die westlichen Länder billige Kleidung konsumieren können. Zu welchen Bedingungen ist nicht wirklich zu sehen, wenn man die stylischen Werbeplakate der Fast Fashion Riesen anschaut oder sich in der Fußgängerzone von attraktiven Angeboten und Trends locken lässt.




Bei dem Gedanken daran, dass ich mich nach dem Studium bei Firmen wie Breuninger oder Peek & Cloppenburg beworben habe, wird es mir heute fast schlecht - und ich bin froh, dass es nicht geklappt hat. Ich möchte diese menschenunwürdige Industrie niemals wieder unterstützen und ganz gewiss nicht dazu beitragen, dass die Branche weiter floriert. Und trotzdem fühle ich mich so machtlos und so fassungslos, dass wir alle passiv dafür sorgen, dass sich das Rad so weiterdreht. Ohne zu hinterfragen, ohne sich groß damit zu beschäftigen. Bei mir hat der Prozess relativ spät angefangen, aber es ist nie zu spät. Und ich wünsche mir von ganzen Herzen, dass du, der diesen Post hier liest, dich auch mit dem Thema auseinandersetzt und - wenn du ihn nicht schon gesehen hast - dir die Zeit nimmst, den Film The True Cost anzuschauen. Nur 90 Minuten deiner Lebenszeit. Und ja, man kann ihn auch streamen. Es wird dein Leben verändern, das versprech ich dir. Und vielleicht auch dein Konsumverhalten - denn das ist die Nachricht des Films:
Der Verbraucher hat die Macht und entscheidet tagtäglich, wie er diese einsetzen will.



*alle Bilder und Statistiken wurden dem Film entnommen (Quelle Fotos: https://filmefuerdieerde.org/filme/multinationale-wirtschaft-und-fairtrade/the-true-cost)
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